Übersicht
Eigentlich wollte ich nur einen Toot zu dem Thema verfassen, bemerkte aber schnell, dass das viel zu viel Text wird und nun weiche ich mit meinen Gedanken und meiner Meinung zu dem Thema auf den Blog aus. Passt ja auch zum Bloghthema. Mich wurmt der neue Beitrag vom ZDF Magazin Royal seit ich ihn am Freitag gesehen habe.
Ich war früher treue Zuschauerin des Neo Magazin Royal. Ja, Neo. Als es noch auf ZDF Neo lief. Ich fand die Sendung spitzenmäßig. Es gab interessante Gäste, gute Musik (ich vermisse das Geekchester!) und ab und zu gut recherchierte Beiträge oder so Undercoveraktionen wie Verafake.
Und dann ist das Neo Magazin ist Hauptprogramm gewechselt. Nannte sich ZDF Magazin Royal und vieles wurde anders. Gäste gibt es inzwischen so gut wie keine mehr. Auch das Geekchester und viele andere Rubriken sind gestorben. Stattdessen gibt es jede Woche einen recherchierten Beitrag zu irgendeinem Thema, wo ich mich frage, ob sie den Themenzettel aus dem “Entscheide dich”-Hut ziehen oder würfeln.
Leider meiner Meinung nach oft schlecht recherchiert und oberflächlich
Und diese Beiträge sind mittlerweile so oft in die Hose gegangen, dass sie mich als treue Zuschauerin verloren haben. Zum Beispiel die Sendung über Arne Schönbohm und das BSI, welche nicht nur dazu geführt hat, dass Arne Schönbohm seinen Posten verlor. Sondern auch zu einem Gerichtsprozess, den Böhmermann und das ZMR sehr wahrscheinlich verlieren werden, weil das Gericht eine Falschberichterstattung bestätigt hat. Nachzulesen zum Beispiel bei Heise oder Deutschlandfunk.
Oder der Bericht über Honig (Beewashing bei Böhmermann oder Zeit: “Gericht weist Berufung von Jan Böhmermann im Honigstreit ab”) oder die Sendung über Wein. Alle diese Sendungen haben eines gemeinsam: Die Kernkritik ist berechtigt, verliert sich nur dank einer zu oberflächlichen Recherche und einer zudem bescheidenen Umsetzung. Die Kritik in allen genannten Beiträgen ging kolossal in die Hose. Weil man sich komplett verrennt und Dinge zu oberflächlich oder sogar falsch darstellt. Im Grunde ist jeder dieser Sendungen ein Bärendienst für alle, die sich eigentlich für das Gleiche einsetzen wie die Kritik, die hinter der jeweiligen Sendung steht, aber alle gleichermaßen verprellt.
Nehmen wir mal die Sendung über Wein. Da wurde so vieles falsch erzählt oder nur oberflächlich angeritzt, dass sich Experten da vermutlich echt zusammenreißen mussten beim Zuschauen. Zum Beispiel suggeriert die Sendung, dass Günther Jauch sich mal eben das Weingut Othegraven gekauft hätte, weil er da Bock drauf hatte. Allerdings gehört das Weingut der Familie schon ewig, er war dort schon als Kind, denn seinem Opa Hans Jauch (verheiratet mit Elsa von Othegraven) gehörten auch schon Anteile des Weingutes.
Auch die Ohrenkneiferkritik kann ich nicht nachvollziehen. Jedes Obst, jeder Saft, jede Marmelade kann Krabbeltierchen enthalten nach der Ernte, so ist das halt bei Naturprodukten. Bei all diesen Dingen gibt es Methoden die Tierchen wieder zu entfernen und trotzdem kann man nicht versichern, dass es zu 1000% frei von Tierchen ist. Wein wird nicht geklärt wegen Ohrenkneifern, sondern um Trübstoffe herauszufiltern. Zudem wird in der Sendung Klärung und Schönung vermischt. Übrigens ist auch Fruchtsaft nicht automatisch vegan, auch dieser wird teilweise mit tierischen Mitteln geklärt, das ist jetzt nichts, was man allein am Wein und Winzern kritisieren könnte.
Der Einsatz von Pestiziden kann man kritisieren, aber das ebenfalls nicht nur beim Weinanbau, sondern in der gesamten Landwirtschaft. Auch den Alkoholkonsum und die deutsche Saufkultur hätte man thematisch behandeln und kritisieren können, so ähnlich wie es die Heute-Show inzwischen gemacht hat (“Wir saufen zu viel!”). Stattdessen hat man sich aber entschieden, oberflächlich Wein zu haten.
Ich hätte hier gerne die hervorragende Kritik von “lawddicted” bei Twitter verlinkt, allerdings ist der Account mittlerweile mit einem Schloss versehen, da auch sie sich von der Plattform verabschiedet hat. (Nachtrag: Threadreader ftw! Sämtliche Archivseiten haben nix ausgespuckt, aber Threadreader hat den Thread lesbar! Und wie ich sehe, hatte sie das mit Jauch auch kritisiert.)
Die Sendung über Gamingcommunitys
Auch die Sendung über Gamingcommunitys ist leider komplett daneben gegangen. Gerade ich als Frau bejubel alle Berichte, die auf Missstände in der Gamingcommunity hinweisen. Sei es Mobbing, Sexismus, Rassismus oder etwas anderes. Daher habe ich die Sendung auch geschaut. Aber was daraus wurde, war… ja wie soll ich es bloß nennen.. enttäuschend, traurig. Kopfschmerz bereitend.
Ich sitze an Computern, seit ich 6 Jahre alt war. Ich hab das ja schon mal in dem Artikel über PC-Spiele der 90er geschrieben und gezeigt. Ich bin im Internet unterwegs, seit AOL seine CDs mit den 100 Gratis-Stunden verschickte. Entsprechend kann ich als Frau ein ganzes Buch über negative Erfahrungen mit PC- und Gamingcommunitys schreiben.
Je älter ich werde, desto mehr nervt es mich. Frauen waren schon immer Teil in der Informatik und im Gaming. Namen wie Margaret Hamilton oder Roberta Williams sollten vielen ein Begriff sein. Trotzdem wird so getan, als wären Frauen schon rein biologisch zu dumm Computer zu bedienen oder sich mit Hardware auszukennen. Auch im Jahre 2024 noch! Sollten wir nicht schon weiter sein? Offener? Kann mir wer eine Hardware-Youtuberin nennen? Nein? Ist ja auch eine Männer-dominierte Sparte. Die einzige Frau, die mir einfällt, wäre Frau Raus von PCGH.
Beim Thema Gaming ist das nicht viel anders. Kommentare wie “Spiel lieber wieder Candycrush” sind an der Tagesordnung. Ich habe früher viel MMO gespielt, vor allem Herr der Ringe Online. Aber ich habe daran irgendwann die Lust verloren. Denn ein grundlegendes Element von MMOs ist das gemeinsame Spiel in Gruppen. Und diese sprechen sich meist in Sprachchats ab, weil man in Raids halt keine Zeit zum tippen und lesen von Chats hat.
Sobald in Sprachchats klar war, dass ich weiblich bin, flog ich entweder kommentarlos raus, musste mir anzügliche oder blöde Kommentare anhören (“musst du nicht in der Küche stehen, haha!”, “Bist du sicher, dass du deine Jägerin spielen kannst?”) oder es ging direkt flirty los. Weil Frau ist ja sicher Single und interessiert, dass ein holder Onlinegamer sie angräbt.
Ich habe auch mal das absolut tolle (*kotz*) Erlebnis, dass mich jemand aus einer Gruppe warf und mich danach angegraben hat in privaten Messages. Nachdem ich höflich abgelehnt hatte, ist mir der Charakter die ganze Zeit nachgelaufen, hat meine Mobs getötet und Erze abgebaut, die ich eigentlich abbauen wollte. Er hat also mein Spiel verhindert. Das Ganze hat dann ein GM (Gamemaster, sozusagen Moderatoren im Onlinespiel) geregelt, ich hatte mich beschwert und der Spieler hat eine Sperre kassiert. Das ist natürlich gut. Trotzdem ist das eine absolut unnötige Erfahrung, die einem das spielen versaut! Und wenn sowas gehäuft auftritt und sich Spaß in Frust und Genervtsein wandelt, dann hört man eben irgendwann auf.
Auch toxisches Verhalten in Gamingcommunitys ist an der Tagesordnung. Ich habe vor einige+r Zeit meinen Account bei einer der größten Gamingzeitschriften gelöscht, nachdem ein User (nicht der Autor, irgendein random User!) meinen Kommentar mit einer inhaltlichen Kritik am Artikel so persönlich genommen hat, dass er mir mit Doxxing gedroht hat. Das war dann einfach zu viel, das hat quasi das Fass zum überlaufen gebracht.
Ich will mich nicht verstecken müssen, nicht bewusst verschweigen das ich weiblich bin oder mir überlegen ob ich irgendwas (vernünftig) kritisieren darf. Ich will nicht darüber nachdenken müssen, ich will, dass das egal ist! Egal ob Geschlecht, sexuelle Orientierung, Herkunft oder sonstwas. Das spielt doch auch absolut keine oder je nach Thema wenn überhaupt eine untergeordnete Rolle. Ich will mich auch nicht rechtfertigen müssen oder beweisen müssen, dass ich von irgendwas Ahnung habe. Das müssen die Männer auch nicht. Warum müssen Frauen das? Warum muss man das in 2024 auch immer noch?
Und natürlich sind Spiele und Gamingcommunitys politisch! Ich besitze ein Spiel, dass in China ein Review-Bombing ausgelöst hat, weil darin eine tibetische Flagge an einem Ladengeschäft zu sehen ist! (es geht um “Life is strange: True Colors”). Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Alles ist politisch, warum sollten es Gamingcommunitys nicht sein? Zu dem Thema gibt es übrigens einen lesenswerten Beitrag von der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung.
Ich fand den Beitrag vom ZMR unterirdisch und absolut am Thema vorbei. Der Shurjoka-Beef ist keineswegs ein gutes oder dienliches Beispiel für Gamingcommunitys. Ich würde das nicht mal als Gamingcommunity bezeichnen! Streamercommunity eher. Und ja, da bestehen Unterschiede.
Ich habe darauf gewartet, dass da noch andere prominente Beispiele kommen, wie zum Beispiel Gronkh und sein Shitstorm wegen “Darf mir das egal sein?”, Sexismus oder Rassismus in Gamingmagazinen und bei Spielepublishern, warum auch heute noch viel zu oft ausschließlich männliche Spieler angesprochen werden oder Berichterstattungen sehr einseitig sind, dass Gamingmagazine vor allem über Spiele berichten die männliche Spieler interessieren und bestimmte Genres kaum bis gar nicht präsent sind, obwohl sie einen großen Teil der Spielerschaft interessieren.
Stattdessen arbeitet man sich an Shurjoka und KuchenTV ab, was im Prinzip null mit dem Thema Gamingcommunity zu tun hat. Eher mit Twitch und Youtube als irgendwas anderes.
Zudem ist das Thema mit Shurjoka falsch und oberflächlich dargestellt. Das Ganze fing nicht damit an, dass sie das Potter-Spiel kritisiert hat oder wie andere zum Boykott aufrief. Sondern dass sie auf einen Youtuber der mittlerweile zu funk gehört, reagiert hat und kritikwürdige Aussagen getätigt hat. Aber der Beef hat sich seitdem verselbstständigt und hat längst nichts mehr mit dem Thema Hogwarts Legacy zu tun und einen solchen riesigen Umfang, dass man das niemandem in 15 Minuten, geschweige denn in einer halben Stunde erklären kann, ohne dazu etwas auf ein Blatt aufzuzeichnen oder etwas auszulassen. Immerhin beschäftigen sich auch schon Gerichte damit. Und dass Shurjoka da nicht nur gewinnt und Recht bekommt, sollte jedem, der keinen Überblick hat, zeigen dass nicht alles so schwarz-weiß ist, wie das ZMR es darstellt.
Die Kritik vom ZMR an der Steamcommunity und den bodenlosen Posts dort kann ich nachvollziehen und unterschreibe ich. Jede:r Creator:in hat eine Reichweitenverantwortung. Und da kann man sich auch nicht komplett rausreden. Mann kann sich seine Communitys erziehen! Eine Gnu oder ein Gronkh schaffen das doch auch. Creator nutzen die parasoziale Beziehung auch um Geld zu verdienen. Das kann man auch nutzen um sich seine Community zu erziehen. (dass das Grenzen hat und man nicht für jeden Spinner und seine Taten verantwortlich ist, versteht sich hoffentlich von selbst!)
Jeder Mensch der eine Community betreibt, ist zudem in der Verantwortung seine Community vernünftig zu moderieren (oder moderieren zu lassen von Moderatoren denen man vertraut) und das wurde definitiv versäumt, denn bei Steam Communitys gibt es Moderatorenrollen. Sonst löscht man den Kram halt. Aber auch Spielemagazine oder Publisher haben auf ihren Seiten oder in ihren Foren solche Probleme. Das ist ja nun nicht was man ausschließlich KuchenTV oder Creatorn ankreiden könnte. Daher ist es mir unbegreiflich, warum man sich an zwei Streamern/YouTubern abarbeitet und das eigentliche Thema komplett aus den Augen verliert. Es hätte sooo viele bessere Ansätze gegeben!
Auch für die Verbreitung von rechtem Gedankengut hätte es bessere Spiele als Beispiele gegeben als diesen unbedeutenden Simulator den kaum einer kennt. Zum Beispiel „Roblox“ oder Mods für Strategiespiele und für Spiele wie Minecraft. Spiele die es in viele Kinderzimmer schaffen und wo man dringend mehr Aufmerksamkeit drauf lenken sollte, was die Kinder da so spielen und sich zusätzlich an Communityinhalten runterladen.
Am Ende dieser Sendung war ich komplett ratlos, was ich aus dieser denn nun eigentlich mitnehmen soll. Was sollte die Sendung denn bezwecken? Hat mich das als Betroffene angesprochen oder abgeholt? Nein. Hab ich da nun das Gefühl, dass man den Usern mal auf die Füße getreten ist? Nein. Werden jetzt irgendwelche Communitys angesprochen fühlen und mehr darauf achten? Auch nein. Hilft diese Sendung irgendwem? Nein.
Also was ist das learning aus der Sendung? Das die Gamingcommunity voller grummeliger, überempfindlicher Kerle ist, die einen Hass auf Frauen schieben? Ja die gibt es. (Ich höre schon das “aber nicht alle sind so!” – ja das hat auch niemand behauptet!). Ich will noch nicht mal allen, die so reagieren wie in meinen oben genannten Beispielen unterstellen, dass sie zu eben jenen Kerlen zählen. Oft ist das einfach auch kindliche Prägung und man haut sowas raus ohne groß nachzudenken wie es beim Gegenüber ankommt. Darüber muss man reden. Darauf muss man aufmerksam machen und sich selbst reflektieren. Und da sind auch andere User aus der Community angehalten einzugreifen und zu sagen “Ey, das ist scheiße was du da von dir gibst!”.
Hat die Sendung dabei geholfen? Definitiv Nein.
Man könnte bei der Sendung den Eindruck gewinnen, dass sich das kritikwürdige Verhalten nur auf bestimmte Teile der Community bezieht. Auf die paar Nazis die den (ich nenn die beiden Buchstaben bewusst nicht) Simulator spielen oder die Communitys rund um Shurjoka und KuchenTV. Das schafft meiner Meinung nach ein komplett falsches Framing.
Kleine Klarstellung am Rande:
Ich schreibe diesen Beitrag nicht um mich als jemand aus einer der beiden entsprechenden Beef-Bubbles aufzuregen. Sondern weil ich das zugrundeliegende Thema falsch behandelt sehe und mich das als Betroffene auch ärgert!
Ich bin weder auf der einen noch auf der anderen Seite bei dem Beef zwischen den genannten Streamern. Also bitte haltet mich da raus. Ich bin eine kleine Niemand, die sich ihre Meinung dazu gebildet hat, beide Seiten versteht und gleichzeitig kritisiert und keinen Bock hat da reingezogen zu werden. Ihr findet hier auch nur Erwähnung weil es halt in der Sendung war, sonst behalte ich diese Menung für mich. Solltet ihr Redebedarf haben steht euch mein Mailpostfach und – im Gegensatz zum ZMR – auch die Kommentarspalte jederzeit offen. Ich halte diesen ganzen Streit halt für einen gigantischen Kindergartenzank, in dem beide Seiten Täter und Opfer gleichermaßen sind. Das als Grundlage für die Berichterstattung über Gamingcommunitys zu nehmen, zeigt meiner Ansicht nach nur, dass die Redaktion des ZMR mal wieder unsauber und oberflächlich recherchiert hat und der Gamingcommunity nichts, aber auch wirklich gar nichts positives beiträgt.
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