Übersicht
Heute mal kein Gamingtipp für Kids. Eher das Gegenteil. Zumindest bis zu einem gewissen Alter. Heute geht es mal um eher ungeeignete Spiele und die USK – die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle.
Die USK ist meiner Meinung nach noch nicht wirklich in 2024 angekommen und bewertet Spiele mkt gewissen Inhalten und/oder Mechaniken viel zu lasch. Ich bin der Meinung die USK braucht wirklich mal zeitgemäße, neue Kriterien für die Altersfreigaben von Spielen und Apps.
Warum ich das für dringend nötig halte, will ich hier mal an zwei Beispielen erklären.
Beispiel Nummer 1: Stumble Guys
Stumble Guys ist als Free2Play Spiel für den PC und für Handys und Tablets in den AppStores verfügbar. Im Prinzip ist das Spiel so ähnlich wie Falls Guys. Ein Spiel in dem man einen Parcours absolvieren muss und einer gewinnt am Ende. Könnte ein lustiges, kinderfreundliches Spiel sein. Es hat ja auch so niedliche Bonbonfarben, Figürchen und keine Waffen. Wären da nicht die integrierten Gambling-Mechaniken.
Denn neue Outfits kann man sich erspielen in dem man an einem Glückrad dreht. Ein Dreh pro Tag ist kostenlos. Weitere kann man sich erkaufen in dem man Werbung anguckt oder mit Echtgeld für Diamanten bezahlt mit denen man wiederum das Glücksrad bezahlt.
Man stelle sich mal vor ein Kind will unbedingt einen bestimmten Skin haben und bekommt beim drehen aber immer die falschen. Ach Mist, schon wieder nur den langweiligen normalen Skin und nicht den epischen. Noch mal drehen. Und noch mal. Und die Eltern anbetteln mehr Diamanten für Echtgeld zu kaufen damit man noch mal drehen kann.
Alternativ kann man noch Karten ziehen. Auch hier ist es Zufall was für einen Skin man bekommt.
Klingt nach Gambling, also Glücksspiel, oder? Was sagt denn unser Gesetz dazu? Wir haben doch so einen Glücksspielstaatsvertrag.
§ 3 Abs. 1 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV): Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
Sind die Skins zufällig? Ja. Kann ich mir für Echtgeld eine Gewinnchance kaufen? Ja. Ist Stumble Guys Glücksspiel? Nein!
Und warum nicht?
Weil die oben genannte Mechanik nicht Inhalts-bezogen ist, nicht zwingend notwendig, man kann sie also auch ignorieren. Soetwas fällt nicht in die USK-Wertung. Daher ist das Spiel USK6 und der „Spieleratgeber NRW“, gefördert vom Landesministerium für Kinder Jugend, Familie usw. empfiehlt das Spiel ab 8 Jahren. Im Apple App-Store wird das Spiel ab 9 Jahren empfohlen.
Der Spieleratgeber NRW schreibt in seiner Bewertung zudem:
In unserem Test kam es mehrfach vor, dass Kinder nicht vorrangig spielen, sondern vor allem das Rad drehen wollten, um seltene Objekte zu erhalten. Gerade Jüngere können hier schnell dazu verführt werden, sich Werbung anzuschauen oder sogar Geld für weitere Drehungen zu investieren.
Und trotz dieser Erkenntnis wird das Spiel dann ab 8 Jahren empfohlen? Ist das euer Ernst???
Wie soll man Eltern die echt keine Ahnung von der Materie haben eigentlich so eine Seite ruhigen Gewissens empfehlen? Das ist doch keine ernstzunehmende Bewertung! Oder liege ich hier komplett falsch, dann bitte, kritisiert mich gerne in den Kommentaren und erklärt mir warum 8 Jahre okay ist.
Würde ich das Spiel ab 8 Jahren empfehlen? Absolut niemals! Meine Tochter dürfte das nicht spielen. Zum Glück interessiert sie das auch nicht.
Mein Sohn (13) spielt es, aber zum Glück sehr unregelmäßig und wir hatten schon heftige Diskussionen, wenn er da Geld ausgeben will. Auch wenn er natürlich über sein Taschengeld bestimmen kann. Denn ich halte diesen Glückrad-Mist für absolut schlimm und unnötig. Ich habe dagegen wirklich eine tiefe Abneigung, weil ich finde, dass das komplett unnötig ist. Man hätte das auch anders machen können! Aber man hat sich für scheiß Glücksrad und scheiß Kartenziehen entschieden!
Beispiel Nummer 2: Suspects: Mystery-Herrenhaus
Auch dieses Spiel ist im Prinzip eine Kopie. Nämlich von AmongUs. Nur dieses Spiel hier hat einen Sprach-Chat und es hat auch eine USK6 Wertung, zumindest bei Google. Während, wie man oben im Screenshot sieht, Apple das Spiele erst ab 12 Jahren aufwärts empfiehlt. Der Spieleratgeber NRW hat das Spiel wohl noch nicht bewertet.
Es gibt keinerlei Eltern-Freigabe-Option für den Voice-Chat. Die einzige Möglichkeit den Sprachchat zu verhindern ist via Elternkontrollapp (bei Google bspw. Family Link) den Mikrofonzugriff nicht zuzulassen.
Ich muss hier hoffentlich nicht aufzählen was für Gefahren Kinder durch Voice- und Text-Chats ausgesetzt sind. Gerade so junge Kinder die gerade erst lernen was sie fremden Menschen im Internet nicht erzählen sollten, auch wenn es vermeintlich Kinder sind.
Die Entwickler bemühen sich zumindest
Jetzt muss ich hier aber lobend erwähnen dass es von Wildlife Studios – den Spielentwicklern von Suspects – einen Elternleitfaden bzw. das Safety Center gibt, in dem auch darauf hingewiesen wird, dass sie ihre Spiele moderieren und wie man Spieler melden kann die sich schlecht verhalten. Auch sexueller Content steht auf der Verboten-Liste und das ist auch gut so.
Zudem sperrt das Spiel den Voice-Chat automatisch sobald zwei Spieler unter sich sind. Man kann nur ab 3 Spielern aufwärts reden. Sobald nur noch zwei: Kein Voice-Chat.
Aber so schön und löblich es auch ist das die Entwickler sich bemühen und einen Safespace für Kinder schaffen wollen: Das Spiel halte ich für U12 trotzdem für absolut verkehrt mit einem Sprachchat. Wenn es Einstellmöglichkeiten gäbe wie bei Epic: Also Freundesliste, Elterncode, neue Freunde müssen genehmigt werden… Ja dann vielleicht. Aber so wie es ist keinesfalls.
Und ja ich weiß das ist eine Menge Aufwand. Aber ich finde wenn man ehrliches Interesse an einem Safespace für Kinder hat, dann sollte man sich den Aufwand machen, auch damit die Eltern sich sicher fühlen und ihr Kind da beruhigt spielen lassen können.
Übrigens hat auch Suspects ein Glücksrad. Aber das ist soweit ich das gesehen habe nur ein netter Bonus nebenbei. Man kann sich Charaktere normal im Shop kaufen und muss nichts zwingend über das Glücksrad drehen. Zudem kann man sich zusätzliche Drehs nicht mit Echtgeld kaufen. Ich wollte das der Vollständigkeit halber noch erwähnen.
Das sind Inhalte die zu einer höheren Altersfreigabe führen müssen!
Warum haben solche Spiele solche USK-Wertungen? Für mich als Elternteil ist das nicht wirklich nachvollziehbar. Beides sind Spiele die meiner Meinung nach nicht in Kinderhände U12 gehören.
Der Witz ist, die USK hat ja offenbar schon reagiert. Zumindest auf dem Papier:
Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes von Mai 2021 wurde das Prüfverfahren um einen weiteren Teil ergänzt. Seit dem 1. Januar 2023 prüfen die Gremien, ob neben jugendschutzrelevanten Inhalten auch Zusatzfunktionen wie Kauf- und Kommunikationsmöglichkeiten eine Auswirkung auf die Alterseinstufung haben. Dabei werden jeweilige Funktionen gegen die Vorsorgemaßnahmen der Anbieter abgewägt. Unter Vorsorgemaßnahmen sind u. a. Parental-Control-Systeme zu verstehen, mit denen Eltern beispielsweise In-Game-Käufe limitieren oder deaktivieren können.
Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Unterhaltungssoftware_Selbstkontrolle
Da kommt ich mir ja als Elternteil nun noch veräppelter vor als eh schon. Stumble Guys hat Kaufmöglichkeiten, Gambling-Mechaniken und trotzdem ist es USK6? Und Suspects mit den vorhandenen Kommunikationsmöglichkeiten ist auch ab 6 Jahren okay? Da frag ich mich doch, was man ins Spiel an Kommunikations- oder Kaufmöglichkeiten einbauen muss, damit das auf USK12 oder USK16 hochgestuft wird.
Stumble Guys könnte ich mit USK 12 auch mit der Gambling-Mechanik noch verstehen, wenn auch mit einem zuckenden Auge. Auch wenn ich es nicht für alle 12-jährigen empfehlen würde. Kommt aufs Kind an. Man muss mit den Kindern definitiv darüber sprechen und ihnen auch klar machen wie gefährlich solche Gambling-Mechaniken sind. Wenn man merkt, dass das Kind zu stark auf dieses Glücksrad abfährt, muss man definitiv einen Riegel vorschieben. Aber keinesfalls sollte so ein Spiel ab 6 Jahren sein oder Kindern ab 8 empfohlen werden. Das ist das Alter in dem sie in der Schule den Internetführerschein machen und langsam die ersten PC- und Onlineerfahrungen sammeln. Aber keinesfalls sollten Kinder in dem Alter mit Glücksspiel-Mechaniken in Games in Berührung kommen.
Gleiches gilt für Suspects. Kinder sollten nicht mit 6 Jahren schon Zugriff auf einen Sprachchat haben. Alleine die Verfügbarkeit eines solchen Chats sollte das Spiel schon für eine USK6-Freigabe ausschließen. Selbst bei Fortnite dürfen so junge Kinder keinen Voice-Chat nutzen oder höchstens mit Freunden. Und das hat schon was zu heißen, wenn Epic sich da mehr Gedanken macht als unsere USK.
Das waren nun nur zwei Beispiele von sicherlich sehr vielen. Ich bin gespannt was Leser:innen davon halten. Ob ihr meine Meinung teilt oder eine andere Meinung habt.
Ich habe leider weder die Zeit noch die Nerven den AppStore nach weiteren solcher Spiele durchzubaggern. Aber ich schau mir gern was an, falls wer einen Tipp hat für solche Spiele. Vielleicht kann man ja mal eine Sammlung anlegen mit Spielen/Apps die man direkt blockieren kann in Family-Link.
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