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Stell dir vor, du liegst im Krankenhaus. Vielleicht wurdest du gerade operiert, liegst im Aufwachraum und brabbelst wirres Zeug vor dich hin (was man halt so tut im Delirium). Oder du hast Krebs und unterhältst dich vermeintlich privat mit deinem Pfleger über körperliche Beschwerden, die du gerade hast. Und das alles wird live auf TikTok gestreamt. Genau wie deine Patientenakte. Unverpixelt.
Klingt unrealistisch? Klingt, als ob ich unnötig den Teufel an die Wand malen wolle? Tja, passiert aber so auf TikTok. Öfter als man denkt.
Kevin gegen die Pflegekräfte und die Kliniken
Der YouTuber Kevin ist selbst Intensivpfleger und exposed seit einem Jahr solche Pflegekräfte, macht sich die Mühe Patienten und Arbeitgeber darüber zu informieren. Und leistet damit einen wichtigen Beitrag für den Schutz von Patienten und Patientendaten.
Einige Pflegekräfte haben dadurch schon ihren Job verloren. Meiner Meinung nach zu Recht! Denn in diesen Fällen werden andere Menschen zur Schau gestellt und empfindliche Daten rücksichtslos geleakt. Seine Videos könnt ihr euch hier anschauen.
Auch Medien haben diese Berichte aufgegriffen. Zum Beispiel berichtete der SWR 2023 über eine Pflegekraft aus Günzburg:
Fehlende Grenzen, Medienkompetenz und Unrechtsbewusstsein
Was passiert, wenn die Grenzen zwischen privat und öffentlich verschwimmen und man absolut mangelhafte Medienkompetenz besitzt, sieht man an den zurückliegenden Fällen in Kevins Videos von Pflegern, die live auf TikTok streamen. Was ja halbwegs okay, aber diskussionswürdig wäre, wenn dies nur im Pausenraum passieren würde und man dabei keinerlei fremde Daten sähe. Das ist aber oft nicht der Fall. Da werden unverpixelte Akten gezeigt, wo man alle Daten inklusive Adresse, Geburtsdatum und Gesundheitsdaten lesen kann. Da wird das Handy mit laufendem Livestream mitgenommen zu Patienten und diese betreut, behandelt, mit ihnen (vermeintlich) privat gesprochen, ohne diese darüber zu informieren, dass sie gerade von fremden Leuten auf TikTok beobachtet werden.
Dadurch werden empfindliche Daten veröffentlicht, ohne dass der Patient dies weiß oder irgendwas entscheiden kann. Da wird der Datenschutz mit Füßen getreten und noch drauf gespuckt. Alles nur für Likes, Klicks und Fame.
Ich weiß nicht wie es anderen geht, aber ICH möchte nicht bei TikTok landen, wenn ich im Krankenhaus liege und es mir schlecht geht. Ich will nicht live gestreamt werden, wenn ich mich mit einer Pflegekraft oder gar einem anwesenden Arzt darüber unterhalte, ob ich nach der Geburt oder der Entfernung der Gebärmutter auf Klo gehen kann, ob ich nach meiner Krebs-OP mit Mastektomie (Entfernung der Brust) Probleme mit meinen Narben habe oder mich dies seelisch belastet oder sowas. Das nur mal als Beispiele.
Die Pfleger, die von Kevin kritisiert werden, haben übrigens oft keinerlei Unrechtsbewusstsein und regen sich sogar auf, dass man sie zu Unrecht kritisieren würde. Sie argumentieren damit, dass sie nichts falsch machen würden. Eigenes Handeln hinterfragen? Keinesfalls.
Nein, teilweise wird dem Youtuber und Pfleger sogar mit rechtlichen Konsequenzen gedroht oder sogar verklagt, weil die Pflegekräfte selbst nicht in seinen Videos zu sehen sein wollen (obwohl er alles verfremdet). Ach, da gehts ihnen plötzlich um Persönlichkeitsrechte und Datenschutz. Aber bei den Patienten ist das egal? Ich finde dafür echt keine Worte.
Livestreams im Krankenhaus – wie sieht es da rechtlich aus?
Solche TikTok-Livestreams können zu massiven Konsequenzen führen. Angefangen beim Arbeitgeber, der im besten Fall ein absolutes Foto- und Videoverbot ausgesprochen hat und dadurch die Pflegekraft fristlos kündigen könnte, über mögliche Verstöße gegen den Datenschutz (§ 42 Bundesdatenschutzgesetz BDSG) und das Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild bis hin zu eventuellen Verstößen gegen die Schweigepflicht (§ 203 Abs. 1 StGB).
Was davon greift, kommt auf den Einzelfall an. Auf jeden Fall sollte man Daten sichern, wenn man entdeckt, dass man live gestreamt wurde oder dass eine Pflegekraft aus der Umgebung live streamt und solche sensiblen Daten veröffentlicht. Zudem sollte man dies dem Arbeitgeber und dem Landesdatenschutz melden. Ist man persönlich betroffen (was ich echt niemandem wünsche) sollte man sich anwaltlichen Rat suchen.
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